Eigentlich habe ich es nicht so mit Weihnachten.
Und mit den Weihnachtsgrüßen sowieso nicht. Dann schon eher etwas zum Jahreswechsel wünschen oder das vergangene Jahr betrachten. Nur nach dem Motto verfahren: „Das macht man so oder das gehört sich so“, schon gar nicht.
So habe ich mich über viele mühsame Jahre aus dieser Weihnachtskettenbrief-Aktion herausgelogen. Einfach nichts mehr schicken. Vergessen (manchmal mit eher schlechtem Gewissen), aber im Januar ist das dann immer vorbei.
Und spätestens im nächsten Jahr merkt man den Erfolg, wenn kein Gruß mehr ankommt.
Dann schlägt meine Stunde: Natürlich kann man die anderen jetzt in ein schlechtes Gewissen treiben, in Zugzwang. Man schreibt einfach eine Karte, so als ob nichts gewesen wäre, als ob es die letzten abstinenten Kettenbrief-Jahre nie gegeben hätte und wartet auf eine Antwort.
Wenn man spät genug schreibt, dann kommt garantiert nichts mehr, wegen der Feiertage und weil dann schon „Januar“ im Kalender steht. Dann gibt’s im gleichen Jahr zu Weihnachten die doppelte Dosis. So ganz nebenbei wird in der Botschaft drauf hingewiesen, dass man ja schon so lange nichts mehr voneinander gehört hat, noch nicht einmal die üblichen Weihnachtsgrüße.
Ich sehe richtig die glühenden Ohren der Empfänger, die danach krampfhaft überlegen, wie sie das wieder gut machen können. Ein herrliches Spiel.
Bis auf die Spielverderber, die einfach Grußkarten zu Weihnachten, zum Neuen Jahr oder sogar zum Geburtstag verschicken, obwohl man sich ja schon seit Jahren aus dem Wege geht.
Michael Schmädecke 23.12. 2022